Tickt das Leben zu schnell für ausgefeilte Konzepte, oder war Steve Jobs ein Mensch einer anderen Zeit?
Bis vor wenigen Minuten (13.03.2012, 20:26 Uhr) habe ich mir noch das Zeug für die Schularbeiten morgen in den Kopf gehämmert. Anschließend sah ich auf meinen quadratischen roten Zettel, auf dem meine Hausaufgaben und „Lernaufträge“ stehen. Ich sah, dass Englisch noch nicht gelernt wurde. Das ist mir heute aber mal egal:
Des Weiteren sah ich, dass ich am kommenden Montag ein Referat über die Nachrichten dieser Woche in Erdkunde halten muss. Prinzipiell ja nicht schlecht und nicht schwer, da ich ja sowieso versuche das weltliche Tagesgeschehen mit zu verfolgen. Da das jeder aus der Klasse machen muss, habe ich schon ein paar Vorlagen, nach denen man eine Note 1 ohne Anstrengung schaffen kann. Diese sehen in etwa so aus:
- Powerpoint Präsentation mit einem einfarbigen Hintergrund machen.
- Zwei bis drei Stichwörter/-sätze zu jedem wichtigen Thema der Woche auf die Folien werfen.
- Die zusammenfassende Einleitung aus Wikipedia zu dem jeweiligen Thema in eigenen Worten runterlabern (das nennt sich dann Hintergrundinformation ^^).
- Ein paar billige Bilder oder Karten zeigen. (Meine Vorredner haben total veraltete Geschichtskarten genommen. Sogar das hat die Note keineswegs beeinflusst…)
Klingt einfach. Ist einfach. Doch das, was bei rauskommt, dürften allen Schülern klar sein: Laaangeweile. Keiner hört zu, jeder freut sich nur auf die Referate, da die Schulstunde umgeht, ohne dass man großartig etwas machen muss. Doch könnte man aus einem solchen Thema nicht ein spannendes, interaktives Referat machen? Mein – wie ich finde – bester Ansatz ist es, die Beiträge aus der Tagesschau in 100 Sekunden rauszuschnippeln und den Ton einfach abdrehen. Dazu redet der Referent so schnell, dass er alle Kerninformationen zu den bewegten Bild erzählt. Darauf folgt eine Einblendung einer Karte zur geografischen Lage des Geschehnisses und darauf folgen noch kurz Hintergrundinformationen, wo die Zuhörer sich auf eine Diskussion einlassen können.
Klingt doch wesentlich interessanter als der 0815-Ansatz aus der Auflistung oben, oder? Natürlich müsste man den Konzeptansatz noch wenig verfeinern, damit alles ineinander verläuft. Doch es ist, wie so oft, keine Zeit dafür. Alles muss nur irgendwie gemacht werden, damit es gemacht ist. Alles weitere interessiert nicht.
Ich gehe seit Anfang dieses Jahres in ein Fitnessstudio. Oder wie immer man Fitnesstraining, welches in einer Krankengymnastik-Praxis angesiedelt ist, auch nennen möchte. Und inzwischen? genieße ich es in einer bestimmten? Art und Weise. Nicht unbedingt das Trainieren an sich, auf Grund eines Anspruches an meinen Körper, sondern weil es jede Woche eine Stunde ist, in der ich Zeit habe, die Biografie von Steve Jobs als Hörbuch in Ruhe weiter zu hören. Wärend ich die Geräte von No. 1 bis No. 12 durcharbeite erzählt eine Stimme von dem Leben eines Menschen, den ich auf der Bühne bei der Präsentation von neuen Produkten schon immer faszinierend fand. Doch wenn man mehr als nur den Namen des Menschen und dessen Tätigkeit weiß, kann man sich mit dessen Ansichten identifizieren – oder auch nicht. Steve legte immer sehr viel Wert auf klare Strukturen und Produkte, die bis ins kleinste Detail ausgefeilt waren. Beispielsweise wurde ein teurer Lack nicht nur auf der Außenseite des ersten Macintosh angebracht, sondern auch auf der Innenseite. Die Platinen der Geräte, die nur Techniker zu sehen bekamen, waren nicht irgendwie zusammengequetscht, sondern schön angeordnet. Und auch die Ecken des Macintoshgehäuses wurde bis in kleinste Detail berechnet. Okay, ich gebe zu, teilweise etwas übertrieben genau, doch das Ganze brachte mich zum Nachdenken. Software, insbesondere Spiele, kommen mit immer mehr Bugs auf den Markt. In Universitäten gibt es den Bachelor als quasi gekürztes, zeitlich (und kostentechnisch) effektiviertes Studium. Und in der Schule wird immer mehr Stoff in kürzerer Zeit durchgenommen. Stichwort G8. Ob je Interesse oder langfristiger Verstand für den vermittelten Inhalt herrscht, ist zweitrangig.
Solange die Leistungsnachweise gut sind, ist alles in Butter? Oder sollte man nicht etwas umdenken? Wäre es nicht sinnvoller, für ein Referat ein ansprechendes Konzept auszuarbeiten, als alles einfach nach einem bestimmten Schema runter zu leiern? Ich komme immer mehr zu der Ansicht, dass in diesem Bezug Steve Jobs eine Lebenseinstellung in dem anderen Extrem hatte. Die Welt da draußen macht alles nur um des Gemacht-Sein-Willens, doch Jobs beschäftigte sich mit den Thematiken intensiv und setzte innovative Lösungen um. Doch ich fühle mich – zumindest im Bezug auf die Dinge, die einem in diesem dicht gedrängten „Lebensplan“ wichtig sein können – und auch sollten – mehr der Ansicht vom „Apfel Gott“, wie er ja immer dargestellt wird, zugeneigt. Wenn einem etwas wichtig ist, sollte es nicht relevant sein wann, sondern wie man es aus der Schmieden entlässt.
In einer andere Einstellung Jobs bin ich jedoch deutlich anderer Meinung. Sie nennt sich Moral. Man sollte nicht über Leichen gehen, um seine Ideen und Pläne durchzusetzen. Für alle, die sich nicht näher mit der Person Steve Jobs beschäftigen, sei gesagt, bei ihm gab es mehr oder minder nur zwei Arten von Menschen: Götter und Volltrottel. Jedoch konntest du heute noch ein Volltrottel sein und am nächsten Tag wegen dem exakt gleichen Fakt ein Gott. Das Umfeld von Steve Jobs nannte dieses und noch ein paar andere „Phänomene“ von Jobs Reality Distortion Field. Und je nachdem, ob ein Mensch gerade ein Gott oder ein Trottel war, wurde er auch so behandelt. Das finde ich alles andere als in Ordnudng, doch meist meinte er es gar nicht einmal wirklich böse, sondern er wollte seine Ideen und Ziele nur umsetzen. Er wollte die Leute dadurch, dass er sie vor allen niedermachte, zu noch besseren Leistungen bewegen. Jedoch mit allen Mitteln und Verlusten.
Also komme ich zu dem Schluss, dass wir Dinge, die uns wichtig sind, vollständig und äußerst detailliert – bis sie unseren Ansprüchen entsprechen! – umsetzen sollten und dafür uns auch länger Zeit nehmen sollten dürfen. Jedoch sollen wir dabei nicht jeden Verlust in Kauf nehmen, sondern auch mit dem täglichen Leben der Allgemeinheit gehen. Ich wage zu behaupten, dass das in der Welt, wie wir sie heute kennen, einen wirklich großen Spagat darstellt. Doch lasst uns das Leben mit einem Tick mehr Zeit für das Detail leben, denn wir wissen nicht, ob wir ein zweites haben 😉
Bildquelle: Waiting … [Explored #6] von Fiduz unter CC BY-NC-SA
2 Kommentare. Hinterlasse eine Antwort
Schöner Artikel!
Hat mich zum nachdenken gebracht.
[…] Interessanterweise war Steve Jobs ein Mensch letzterer Art. Er wollte über alles Kontrolle haben und dazu zählten eben auch seine Produkte. Jedoch warb Apple von 1997 bis 2002 mit dem Slogan Think Different – denke anders. Das passte zu Steve Jobs, der schon immer etwas anderes dachte. Darüber bloggte ich auch schon in meinem Beitrag Tickt das Leben zu schnell für ausgefeilte Konzepte, oder war Steve Jobs ein Mensch einer anderen Z… […]