Umzug: Ein neuer Lebensabschnitt möge beginnen
Es ist nun schon zwei Wochen her als ich die Wohnungstüre öffnete und nette Menschen begrüßen dufte, dir mir dabei halfen Möbel abzubauen, Kisten einzuladen und an einem andern Ort wieder auszuladen und aufzubauen. Umziehen braucht doch immer etwas mehr Zeit als man sich erhofft – insbesondere, wenn Hochschule, Jobs und Alltag parallel weiterlaufen.
Heute wache ich nicht mehr in Olching, einer Vorstadt von München, auf, sondern in Neuaubing, ein Randbezirk von München. Ein kleiner Schritt weiter in Richtung Stadt, hinsichtlich der täglichen Fahrzeiten in die Münchner Innenstadt eine große Verbesserung.
Doch lasst uns erstmal noch den Blick zurückwerfen. Trotzdem ich in Landsberg am Lech, einer Kleinstadt, geboren wurde, war Weil, ein paar Hundert Seelen Dorf mit dem Auto rund eine halbe Stunde von Landsberg am Lech entfernt, bis zum Februar 2008 mein Zuhause. Zu diesem Zeitpunkt war in vielerlei Hinsicht ein Umbruch angesagt: Bei mir in der Schule ging es sowohl aus körperlicher Sicht, wegen meiner Behinderung, als auch aus inhaltlicher Sicht nicht mehr weiter, das Arbeitsverhältnis meiner Mutter, mit der ich zusammen lebte, nahm ein Ende und so saßen wir auf einem Dorf, dessen Dorfgemeinschaft Trennungen von Ehen auch nicht gut hieß. Die Lösung war ein Umzug. Meine Mutter hatte ein Job-Angebot in Olching, wir fanden eine Schule in München, die für meine damalige Situation äußerst vorteilhaft war, und bereits nach dem ersten Besichtigungstermin hatten wir eine Wohnung in Olching. Das hieß dann definitiv: Umzug, weg aus der alten Heimat!
Weg aus der alten Heimat, das bedeutete für mich damals noch zwölfjährigen Jan, dass sich das bestehende soziale Umfeld auflöste und sich etwas Neues finden musste. Kindergartenfreunde, Schulfreunde und Bekanntschaften aus dem bisherigen Umfeld waren weg. Doch in der neuen Umgebung als Zugezogener Anschluss zu finden ist gar nicht so einfach. Zwar war ein Neubaugebiet ganz in der Nähe, wo auch viele Familien hin zogen, wodurch viele Anschluss suchten, doch die meisten gingen in das nahegelegene Gymnasium. Ich nicht. Das sollte sich auch im Sportverein zeigen, wobei ich sportlich hinsichtlich meiner körperlichen Einschränkung auch beschränkt war, denn dort kannte man einander: Aus dem Gymnasium. Und in meiner Schule war es auch nur bedingt möglich Kontakte zu knüpfen mit denen man mal kurz etwas unternimmt, da alle Schüler rund um München verstreut waren. Fahrwege von eineinhalb bis zwei Stunden um mal schnell jemanden zu besuchen war für mich Land-Ei damals ein Abenteuer.
So ergab es sich, dass ich, der außerdem schon zu dieser Zeit seine Begeisterung für Computer und Informatik entdeckt hatte, unglaublich viel Zeit vor dem Rechner verbrachte – und für Party, Alkohol und Mädels nie einen Anschluss fand wie ihn die meisten in meinem Alter haben. In den acht Jahren in denen ich in Olching lebte, fand ich somit über das Netz so einige Kontakte, die kamen, und die gingen. Wenige blieben – wie das eben auch außerhalb der Pixel so ist. Die Tatsache, dass ich viel Zeit mit meinem Rechner verbrachte machte mich jedoch erst zu dem, der ich heute bin – und der ich gerne bin. Irgendwo ein Typ, der sich Geek nennen würde, manchmal auch Nerd genannt wird, der gesellschaftlich jedoch eher weniger dem Bild des Nerds entsprechen sollte, und zugleich schon in seinen jungen Jahren eine Liste an umgesetzten Projekten, gemachten Jobs und letztlich Erfahrung im selbstständigen Arbeiten angesammelt hat. Dadurch wurde ich hin und wieder, wenn ich davon erzählte, deutlich älter eingeschätzt als ich eigentlich war.
Jedoch überlegte ich mir immer wieder wie ich mehr Anschluss finden kann zu Menschen in meinem Alter, die meine Interessen teilen und startete mit diesem Hintergedanken teils auch Projekte. Die meisten dieser Kontakte sind jedoch, da meine Interessen für mein Alter vielleicht auch nicht so typisch sind, über den deutschsprachigen Raum verteilt. Mit meinem YouTube Kanal SoBehindert hatte ich letztlich aber das Glück ganz viele Menschen kennengelernt zu haben die ich, und ich würde mal behaupten sie mich, unglaublich schnell lieb gewonnen habe. Das vergangene Jahr war in diesem Bezug das Jahr, in dem sich mein Leben einmal auf den Kopf stellte und auf besseren Füßen landete.
Und heute? Heute sitze ich in der Küche meines wahrscheinlich nächsten Lebensabschnittes: Der ersten eigenen Wohnung. Seit Dezember lebe ich zwar schon mal mehr mal weniger alleine, da meine Mutter zu ihrem Freund zog und mein Bruder kurzzeitig einzog und als er etwas Eigenes fand wieder auszog. Jedoch ist eine Wohnung in der man sich von Anfang bis Ende selbst eingerichtet und dafür verantwortlich ist doch noch einmal etwas anderes. Gemeinsam mit Elias, dem Menschen von dem ihr weder aktuelle Bilder noch Social Media Auftritte im Internet finden werdet, der mir aber bereits bei vielen Projekten unter die Arme gegriffen hat, habe ich eine Wohnung in Neuaubing-München gefunden. Jeder von uns hat sein Zimmer – ich heller, Elias eher dunkler eingerichtet -, dazu eine Wohnküche und einen wunderschön großen Balkon auf dem man im Sommer diverse Stunden in der Sonne genießen werden kann. Wohnzimmer gibt es nicht, braucht es jedoch auch nicht, da wir beide die meiste Zeit in der Wohnung vor unseren Rechnern und in der Küche verbringen.
Ehrlich gesagt habe ich mich hier wo ich nun schon zwei Wochen wohne direkt wohl gefühlt. Wohler als während der Zeit in Olching, die ich rückwirkend jedoch auch nicht als negativ empfinde, da sie erst das aus mir machten was ich heute bin. Jetzt muss ich nur noch sehen was der kommende Abschnitt meines Lebens für mich bereit hält 😉
2 Kommentare. Hinterlasse eine Antwort
Hey Jan,
Yet another „grosser Schritt“ … Glückwunsch.
Schön zu sehen, wie du dir deinen Weg bahnst und welche Gedanken dir dabei durch den Kopf gehen.
Danke für’s (mit)teilen.
Richtig „Anschluss-Finden“ ist in unseren heutigen „unverbindlichen, durchökonomisierten Event- und Erlebniswelten“ in der Tat schwierig.
Die Suche lohnt aber, denn letztendlich zählt für das persönliche Glück die Interaktion mit den Menschen, die uns etwas bedeuten.
Du bist ein Macher-Typ, deshalb wird dein neuer Lebensabschnitt das für dich bereit halten, was du in ihn investierst … plus Zinsen 😉
greets,
Edgar (wir hatten bei der gutefrage.net das zu kurze Vergnügen)
‚Yet another „grosser Schritt“‘ – ein schöner Ausdruck. Vielleicht ist es wirklich am wichtigsten das persönliche Glück und die Erfüllung zu finden und sich dafür auf eine Suche zu begeben bei dem man seinem Herz und Baugefühl manchmal mehr als unseren „weltlichen Werten“ folgen sollte. Und dafür soziale Zinsen bekommt, die es im weltlich monetären Sinne ja schon immer weniger gibt…
PS: Habe mich gerade richtig gefreut als ich bemerkt habe, dass du es bist, der hier schrieb. Vielleicht kreuzen sich die Wege ja mal wieder, wer weiß 😉